Freitag, 17. September 2010

35 Jahre Bear Family Records

Vollersode, 10.09.2010, 11:57 MusikWoche


Unternehmen Richard Weize denkt nicht ans Aufhören: "Das mache ich, bis ich tot bin"

Sein Label Bear Family ist für Richard Weize Leidenschaft und Lebensaufgabe, Beruf und Berufung zugleich. Im Gespräch mit MusikWoche-Redakteur Frank Medwedeff bilanziert der Echo-Gewinner 35 Jahre Firmengeschichte und verspricht, dass die Musikliebhaber noch lange auf ihn zählen können.


Seltener Moment: Workaholic Richard Weize lehnt sich an einen Baum und schaltet mal abSeltener Moment: Workaholic Richard Weize lehnt sich an einen Baum und schaltet mal ab MusikWoche: Wie kam es zur Gründung von Bear Family?

Richard Weize: Ich hatte damals keine Arbeit und fing einfach mit dem Label an, weil ich nichts anderes zu tun hatte. Und hatte dann halt Glück, dass es geklappt hat.

MW: Was war die erste Veröffentlichung auf Bear Family?

Weize: Das war Carl T. Sprague - ein Cowboysänger, der laut der Sage 1924 mit seiner Originalaufnahme von "When The Work's All Done This Fall" angeblich eine Million Stück verkauft hat, was aber meines Erachtens dummes Zeug ist, denn damals verkaufte man nicht so viele Platten. Da wären die Presswerke komplett überfordert gewesen. Ich habe ihn 1972 in Texas aufgetrieben für mein erstes Label Folk Variety und ihn dann später zu Bear Family geholt.

MW: Hätten Sie sich damals träumen lassen, dass das Label so lange Bestand hat und auch inter national so eine große Reputation erlangt?

Weize: Nein. Man geht ja nicht her und macht so etwas, um Ruhm und Ehre zu erreichen. Man macht das a) um seinen Lebensunterhalt zu verdienen und b) um einfach gute Arbeit zu leisten. Wenn das dann gewürdigt wird, ist das schön; wenn nicht, hat man Pech gehabt.

MW: Wie würden Sie das Credo von Bear Family beschreiben?

Weize: Wenn ich morgen zehn Millionen Euro im Lotto gewinnen würde, würde ich nichts anderes machen als mehr CDs. Meine Kapazität vom Zeitfaktor beträgt sowieso schon 25 Stunden am Tag und acht Tage die Woche. Ich schiebe viele Projekte vor mir her, die ich gern machen würde, aber nicht bewältigen kann. Insofern würde sich gar nichts ändern. Ich mache die Arbeit, weil sie mir Spaß macht, und nicht, um Geld zu verdienen. Geld braucht man natürlich, um davon leben zu können. Das reicht mir dann auch. Ich habe gar nicht genug Zeit, um mehr Geld, wenn ich es hätte, zu verballern.

MW: Wie fing das mit den Boxen an?

Weize: Die einzigen Leute, die vor meiner Zeit Boxen gemacht haben, waren in Amerika Firmen wie Reader's Digest. Dann kam Robert Hertwig von der Teldec Anfang der Siebziger und machte damals zwei Blues-Boxen und dann eine Buddy- Holly-Box, die alle für Furore sorgten. Die Holly-Box verkaufte 20.000 Einheiten. Dann fing in England die Firma Charly an mit mehr oder weniger Komplettboxen von Jerry Lee Lewis oder Carl Perkins. So etwas wollte ich auch machen, wusste aber nicht, was, wie und warum. Da versuchte ich, selbigem Robert Hertwig einzureden, er müsse eine Bill-Haley-Box herausbringen.
Das wollte der aber nicht, weil er keine großen Verkaufschancen sah und auch keine große Lust hatte. Da sagte ich, dann mache ich die jetzt. Das zog sich aber hin und hin. Ich kriegte keine Genehmigung. Dann ging der Vertrag von der amerikanischen MCA von der Teldec weg zur Ariola. Und dann starb Bill Haley. Der Ariola, von der ich zuerst keine große Resonanz erhielt, sagte ich nach seinem Tod: Jetzt muss ich die Antwort haben: ja oder nein. Und dann hat sich das Label das erste Mal bemüht und die Genehmigung aus Amerika geholt. So entstand meine erste Box mit Bill Haley.

-MW: Wie viele Veröffentlichungen gab es bislang auf Bear Family?

Weize: 1205 CD-Produktionen, 372 Vinyl-VÖs, 314 Box-Sets, 21 Bücher und 44 DVDs. Alles in allem 1956 Bear-Family-Veröffentlichungen. Gemessen an einzelnen CDs oder LPs sind das natürlich mehr, weil die Boxen jeweils nur als ein Projekt gewertet werden, obwohl sie ja bis zu 16 CDs enthalten.

MW: Ist die Zahl der Veröffentlichungen pro Jahr konstant?

Weize: Das kann ich gar nicht genau sagen. Ich arbeite kontinuierlich an 20 bis 30 Projekten zur gleichen Zeit, springe immer hin und her. Wenn ein Ding dann veröffentlicht ist, habe ich das schon vergessen. Dann liegen schon wieder so viele Sachen bei mir auf dem Tisch, um die ich mich kümmern muss, so dass ich das nie so recht verfolge. Ich würde mal sagen, in den letzten zehn Jahren ist das relativ gleich geblieben.

MW: Veröffentlichen Sie noch Vinyl?

Weize: Wenig, dann aber nur 180-Gramm- Vinyl. Da muss man aber schon aufpassen, Meistens sind es ja Hi-Fi-Freaks, die so was kaufen. Ich habe versucht, Rock'n'Roll für sie zu machen und mit der Hüllengestaltung auf die Leute einzugehen. Das sind aber offensichtlich alles Klassik- und Jazz-Freaks, die sich nicht für Rock'n'Roll interessieren. Und die Rock'n'Roll-Freaks haben's dann nicht gekauft, weil sie die Hüllen schlecht fanden.

MW: Können Sie Ihre Lieblingstitel von Bear Family nennen?

Weize: Im Grunde ist es so: Was Ihnen heute gut gefällt, finden Sie übermorgen großen Mist. Drei Tage später spielen Sie es nochmal und sagen: So schlecht ist das doch gar nicht. Was mir als Richtung am besten gefällt, ist Country. Heute morgen hörte ich Aufnahmen von den Dixon Brothers aus den 30er-Jahren ab und dachte: Meine Güte, ist das wieder klasse. Und nächste Woche höre ich dann vielleicht eine Jim Reeves, wo dann jeder lacht und sagt: Was ist denn das für 'ne Grütze - und dann find' ich das wieder klasse. Man kann das im Prinzip auf den Punkt bringen: Nehmen wir Johnny Cash, der mit den "American Recordings" Furore gemacht hat. Da kamen in den letzten Jahren Leute zu mir und sagten: Die neue "American Recordings" ist ja klasse.
Wenn man denen vor 15 oder 20 Jahren gesagt hat, man hört Johnny Cash, zogen sie den Mundwinkel leicht dümmlich nach unten und dachten: Der hat sie nicht alle. Die kommen jetzt mit den "American Recordings" daher, die bis auf eine CD von der Stimme her nicht gut sind, die handwerklich einfach nicht besonders gut sind. Sie haben einen riesigen Charme, die Stücke. Aber wenn jemand behauptet, das sei große Klasse, aber die wirklich guten Aufnahmen von Cash gar nicht kennt - da denke ich, ich höre nicht recht. Und so verschiebt sich das bei vielen Leuten. Cash ist eben auf dieser Eventwelle - so will ich das mal nennen - sehr lange geschwommen. Viele müssen die Aufnahmen einfach haben. Ich betrachte das als Yuppie-Effekt: Da wird etwas gelesen, da werden die Dinger gekauft. Leute hören sie kaum, legen sie wieder weg. Aber sie haben sie.

MW: Auf welche Veröffentlichungen von Bear Family sind Sie besonders stolz?

Weize: Auf die Box "Vorbei - Beyond Recall". Das sind jüdische Aufnahmen in Deutschland aus den 30er-Jahren, die damals von der 1000-jährigen-Reich-Regierung genehmigt worden sind, die aber nur an jüdische Mitbürger verkauft werden durften, nicht an "ordentliche Deutsche". Das ist eine Klasse-Dokumentation, die Rainer Lotz federführend gemacht hat. Und dann natürlich "… Next Stop Vietnam" - eine Dokumentation des Vietnam-Krieges mit 13 CDs - und die wieder aufgelegte "Atomic Platters - Cold War Music", die die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki thematisiert und dokumentiert, wie das amerikanische Volk auf die atomare Bedrohung reagiert hat.

-MW: Was war der erfolgreichste Bear-Family-Titel?

Weize: Besonders erfolgreich war eine Box von Günter Neumann & seine Insulaner, der Berliner Kabarett-Gruppe. Die hat sich so gut verkauft - damals, als Berlin noch eine Insel war - dass wir das Gefühl hatten, jeder Berliner hat wohl drei von diesen Boxen zuhause. Das war wohl unser Hit zu der Zeit. Ansonsten basieren unsere Ver öffentlichungen auf Verkaufszahlen zwischen 1000 und 3000 - heute eher weniger, weil die Leute eben nicht mehr so viele CDs kaufen.

MW: Gehen Sie mit Kalkulationen einer Mindestverkaufszahl an ein Projekt heran?

Weize: So eine Kalkulation habe ich noch nie gemacht. Wenn ich 50 Veröffentlichungen im Kopf habe, und habe den Eindruck, 25 werden sich ganz gut verkaufen und 25 schlecht - dann mache ich natürlich nicht alle, die sich schlecht verkaufen, und die 25 guten zur gleichen Zeit. Ich mische das, damit es sich ausgleicht. Das Spannende ist aber, Raritäten zu veröffentlichen, die noch nie herausgekommen sind, oder sie in einer Form zu veröffentlichen, die es richtg interessant macht, wo vernünftige Booklets dabei sind. Auch die Einzel-CDs haben ja bei uns Booklets bis zu 80 Seiten.

MW: Waren Sie schon von Anfang an so akribisch mit den Booklets der Boxen?

Weize: Die ersten Boxen von Bill Haley oder Hank Snow hatten nur Beiblätter mit vier Seiten. Auch die frühen Bücher sind nicht so toll. Da habe ich zwar immer am Rahmen des Limits nach oben gearbeitet. Bei den ersten Boxen wäre ich aber nie auf die Idee gekommen, ein dickeres Buch zu gestalten. Im Lauf der Zeit wurden die Bücher immer dicker und immer besser. Allerdings machte ich die Boxen zu der Musik, die mir am besten gefällt, natürlich als erstes. Und die haben dadurch gemessen am heutigen Standard die schlechtesten Bücher. Entscheidend ist, dass ich zumindest nie Kompromisse eingegangen bin. Ich habe immer das Beste gemacht, nur was zu der Zeit richtig oder möglich gewesen ist. Ich habe mir nie gesagt: Das ist schon gut genug für den Kunden. Denn wenn ich auf dem Standard bin, dann habe ich schon verloren.

MW: Wie lange dauert es im Schnitt von der Idee bis zur Veröffentlichung einer Box?

Weize: Im Prinzip mache ich eine normale Country-Einzelkünstler-Box mit links. Ich hänge nur ab von den Schreibern für das Buch und davon, wie sie Zeit haben. Die Bilder beschaffung ist meistens kein Problem. Das ziehe ich durch. Aber eine "Vorbei"-Box, eine Vietnam-Box oder die "Atomic Platters"-Box, das sind Projekte, die fünf, sechs Jahre brauchen. Was man macht, soll ja auch Hand und Fuß haben. Auch wenn ich zum 150. Geburtstag eines Musikers eine Jubiläums-CD oder -Box plane, schaffe ich das in der Regel nicht, weil in letzter Minute noch irgendwelche Sachen hinzukommen, von denen ich vielleicht vorher nichts wusste. Dann schiebe ich das VÖ-Datum lieber hinaus, um eine vernünftige Veröffentlichung zu haben, anstatt unbedingt auf das Datum einzugehen und hinterher zu sagen: Okay, hätte ja noch'n Tick besser sein können, wenn du … Das will ich nicht.

MW: Haben Sie ein eigenes Netz an Rechercheuren, die für Sie in den amerikanischen Archiven stöbern?

Weize: Für die Bücher schon. Aber um die Bänder und den Kram kümmere ich mich immer noch selbst. Wenn man abgeklärter ist, macht es zwar nicht mehr so viel Spaß wie früher. Aber ich traue auch niemandem. Ich traue mir ja selbst nicht, wie soll ich dann noch anderen Leuten trauen?

-MW: Wie oft sind Sie denn noch auf Recherchereise in Amerika unterwegs?

Weize: 2010 war ich noch gar nicht, weil ich Anfang des Jahres krank war. Jetzt fliege ich wahrscheinlich Ende September für 14 Tage rüber. Sonst war ich zwei-, dreimal im Jahr drüben, aber jetzt weniger, weil ich viel Material schon hier habe, das ich im Voraus kopierte. Wenn ich ein Band in der Hand habe und brauche zwei Titel von Müller und da sind jetzt noch zehn Titel von Maier drauf, dann überspiele ich die gleich mit, weil ich mir sage: Die kannst Du irgendwann gebrauchen.

MW: Sie schöpfen aber auch aus Ihrer großen Privatsammlung, oder?

Weize: Das ist klar. Das ist so die Basis. Ich sammle ja schon seit 1956.

MW: Wie ist das Verhältnis von Verkäufen im In- und Ausland?

Weize: Das kann man im Rechner schlecht auseinanderhalten. Auch Händler und Privatkunden vom Umsatz auseinanderzuhalten, ist fast nicht möglich. 1977, zwei Jahre nachdem es Bear Family gab, kam ein Bekannter von mir, der bei der Bremer Landesbank arbeitete. Der verwies mich auf eine Firma in Trier, die hieß Datic. Das war die erste Firma auf der Welt, die einen Schreibautomaten mit einem Computer verbunden hat. Der Bekannte hat mir eingeredet, dass ich das kaufen müsste, was ich getan habe. Gleichzeitig kam mein Partner Hermann Knülle dazu, der damals noch Mathematik studierte. Er hat dann mit einem Programmierer von Datic Wochen gesessen und ein sehr ausgefeiltes Programm entwickelt, mit dem wir heute noch arbeiten. Aber gewisse Sachen waren da einfach nicht drin, weil man damals nicht daran gedacht hatte. Damals hatten wir nur Privatkunden und ein paar Händler, die damals noch nicht relevant waren. Und insofern können wir das heute kaum auseinanderhalten.

MW: Aber eine ungefähre Vorstellung haben Sie vielleicht.

Weize: Ich würde sagen so etwa 50:50. In Deutschland gehen die Verkäufe ein bisschen zurück, weil wir weniger deutsche Veröffentlichungen machen. Es gibt ja auch keine Geschäfte mehr. Ich machte früher viele deutsche Schlagersachen. Im Prinzip ist das zwar nicht meine Musik, aber wenn man sie aufarbeitet, bereitet sie doch sehr viel Freude. Dieses Thema mache ich heute kaum noch. Denn das Wichtige aus diesem Bereich haben wir veröffentlicht, und der Kunde findet die Boxen nicht, weil es keine Läden mehr gibt. Es gibt MediaMarkt und Saturn - und das war's dann.

MW: Verkaufen Sie den Großteil ihrer Produkte über den eigenen Bear-Family-Mailorder?

Weize: Genau. Über den Handel gehen vielleicht 30 Prozent weg von dem, was in Deutschland verkauft wird, ein Großteil davon über Amazon.

MW: Ist der Mailorder wichtig, um das Label zu finanzieren?

Weize: Zur Zeit finanziert das Mailorder das Label wieder so'n bisschen mit, oder es gleicht sich aus. Im Lauf der 35 Jahre schwankte ja der Dollarkurs ganz extrem. Als es noch die Mark gab, kostete eine LP an die 20 Mark und man verdiente vielleicht fünf Mark. Und dann plötzlich sprang der Dollar nach oben, und man verdiente eigentlich gar nichts mehr, weil der Dollar so teuer war und gleichzeitig haben sich dann noch die Preise erhöht. Da ist man hergegangen und hat im Mailorder die vielen Artikel manuell hochgesetzt im Preis. Und kaum hatte man sich die Arbeit gemacht, fiel der Dollar wieder. Dann musste man wieder zurückgehen. Das heißt: Wir haben selber zum Plus-minus- Null manchmal was dazugelegt und das dann vom Label finanziert. Heute ist das teilweise umgedreht. Eins finanziert immer das Andere.

MW: Wie sind Ihre Erfahrungen in Zusammenarbeit mit anderen Plattenfirmen und Musikverlagen in Sachen Lizenzierung? Gibt es Unternehmen, die gar nicht mit Ihnen kooperieren wollen?

Weize: Das gibt es an sich nicht. Ich habe großes Glück gehabt, dass die Leute mir eigentlich immer wohlgesonnen gewesen sind. Es wird natürlich immer enger, weil die Abteilungen bei den Firmen verkleinert werden, und die Leute sind jünger und haben das Fachwissen auch nicht. Da muss man sich dann erst wieder einarbeiten. Aber im Prinzip läuft das ganz gut.

MW: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Bear Family derzeit?

Weize: Zwischen 25 und 30, wobei die meisten Mitarbeiter im Mailorder-Bereich tätig sind.

-MW: Die Leute, die Ihre Texte schreiben, sind aber freie Mitarbeiter?

Weize: Das sind freie Leute, denen das Spaß macht. Die könnte ich überhaupt nicht nach Stunden bezahlen. Man kann sich vom Zeitfaktor und vom Aufwand gar nicht vorstellen, was da im Hintergrund abläuft, um Sachen zu veröffentlichen oder rauszukriegen. Nur mal ein Beispiel: Irgendwann fiel mir ein Künstler namens Lee Emerson wieder ein. Der hat drei Aufnahmen mit Marty Robbins gemacht. Ich brachte eine Marty-Robbins-Box vor 20 Jahren heraus. Dabei fand ich keine Bilder und keine Biographie von Emerson, es waren nur ein paar Zeitungsausschnitte abgebildet, das war alles.
Jetzt erinnerte ich mich und dachte: Mensch, das könnte man ja mal veröffentlichen, weil der Mann sehr viele gute Lieder geschrieben hat. Nach wie vor gibt es keine Bio, auch nicht bei der Country Music Foundation in Nashville. Dann ging ich wegen etwas ganz anderem ein paar alte Country- Magazine durch. Dabei fand ich ein Heft von 1956, in dem eine kurze Bio von Emerson drin war. Die habe ich gescannt und die Kopie meinem Schreiber in Nashville geschickt. Aufgrund dieses Artikels fand der dann den Sohn Emersons, ist 300 Kilometer hingefahren und hat ihn interviewt, noch dies und jenes rausgefunden, wovon wir nichts wussten, auch über weitere Platten, von denen wir nichts ahnten. Wenn man das zusammenrechnet - die Spritkosten, die Telefonkosten, die Recherchekosten - und dann verkauft man 1500 CDs, dann legt man das Geld im Grunde dazu. Aber es macht natürlich unheimlich viel Spaß, wenn man etwas entdeckt, das vorher keiner wusste.

MW: Was zeichnet die Jubiläums-Box "35 Years!!! Bear Family Records" Ihrer Meinung nach aus?

Weize: Sie umfasst drei CDs. Darauf sind nur Lieder, die die Künstler für unser Jubiläum aufgenommen haben - von Bela B bis hin zu George Hamilton IV, von schwedischen, amerikanischen, englischen bis französischen und kana - dischen Gruppen und Künstlern. Aus Deutschland sind Peter Lohmeyer, Götz Alsmann, Roland Heinrich und Ulrich Tukur dabei.

MW: Und dafür haben Sie die Künstler selbst angesprochen, Songs mit Bären-Thematik aufzunehmen?

Weize: Das haben wir gemacht. Und die Künstler haben dafür kein Geld gekriegt. Die haben das alles selbst finanziert.

MW: Wie sehr hat Sie der Echo gefreut?

Weize: Das ist natürlich eine Auszeichnung. Ich arbeite ja neben der Industrie her. Und wenn die Industrie das zu würdigen weiß, was ich mache, ist das sicherlich mehr, als man erwarten kann. Die sind ja zwangsläufig, weil sie irgendwelchen Shareholders verantwortlich sind, auf einem ganz anderen Trip - nicht auf dem Trip, auf dem ich bin, das können sie sich ja gar nicht erlauben.

MW: Ist es für Sie denkbar, die Leitung von Bear Family irgendwann mal in andere Hände zu übergeben?

Weize: Mit Sicherheit nicht. Das mache ich, bis ich tot bin. Wahrscheinlich falle ich vom Schreibtisch in eine Kiste oder von der Leiter in einem amerikanischen Archiv. Das suche ich mir dann noch passend aus. Da ich aber erst 65 bin und 110 werde, habe ich ja noch 45 Jahre.